Donnerstag, 13. November 2008

Je ne vais plus parler

dürfte ich im Rahmen einer sufistischen oder sonstwie wundergläubigen Tagung zu zeitgenössischer Kulturtheorie einen Vortrag zum Thema Performativität halten, so würde ich ihn ganz sicher um dies jüngste Erlebnis herum aufbauen: Dass ich, mit Kopfweh erwacht, in eine Reflexion über ein Musikstück verfiel, welches die Angst vor der Vergänglichkeit des Glücks thematisiert, nach dem Verfassen einer diesbezüglichen E-Mail begann, es mehrmals hintereinander in zwei verschiedenen Versionen aufzulegen, und schon recht bald von einem Telefonanruf gestört wurde. Eine unsichere Stimme fragte, ob ich Herr K. sei. Ob es sich um einen Werbeanruf handele, fragte ich zurück. Sie druckste noch unsicherer, ich legte auf. Ist ja ein beschissener Job, wer möchte schon Spammails händisch abfassen, und dann erst mündlich, immer wieder, mit einem Supervisor im Rücken. Trotzdem hasse ich die, die anrufen. Sie machen ungefähr die Hälfte aller auf meinem Festnetz eingehenden Anrufe aus.

Dank des Musikstücks im Hintergrund wurde ich in jene Zeit zurückgerissen, da Telefonspam die einzige Form von Kommunikation mit der Außenwelt darstellte, und ich einer Tonbandstimme glauben wollte, ich müsse nur die angegebene Nummer zurückrufen und würde bereits etwas gewonnen haben. Ich tat es, es kostete über zehn Pfund Sterling. Ich hatte wenig Geld und niemanden, mit dem ich diese zehn Pfund sinnvoller hätte ausgeben können. Letztlich war es so etwas wie Telefonsex für Autisten.

Zurück an jenem Ort und jener Stelle, erfasste mich eine tiefe Schwermut. Und - genau: - Angst vor der Vergänglichkeit des relativen Glücks des heutigen Tages. Brachte die Nadel an den Anfang des Musikstücks zurück, um quasi den vergangenen Augenblick vor dem Spamanruf zurückzurufen. Und wurde noch zweimal unmittelbar hintereinander von Anrufen gestört: Von zwei Menschen, die ich sehr mag, und die sich nach mir erkundigten.

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