Sonntag, 22. März 2009

Die kommende Vollnarkose scheint mir grade wie ein gnadenvoller Filmriss auf Krankenkassenkosten - vergessen war nie schöner....
Leider kann ich mir nicht aussuchen, wer meinen Blog hier liest. Wer jedoch denkt, er hätte damit automatisch an meinem richtigen Leben teil, irrt. Schreiben ist auch nur eine Strategie...

Mittwoch, 18. März 2009

@ Oranienstraße letzte Nacht















Knoppers aufm buddhistischen Altar im Nagelstudio. Ein Zeichen gelungener Integration?
Stabi:
Diesen Briefumschlag hatte der junge, leicht nerdige Mann neben mir vor sich auf dem Tisch liegen - sehr demonstrativ rückte er ihn noch einmal zurecht, damit ich auch schön lesen konnte, was in putzigster Kinderschnörkelschrift dort stand: hui, er kennt einen Baron! Der in einem richtig echten Schloss wohnt! Und "S.H." heißt bestimmt "Seine Hoheit". Kleiner reaktionärer Schleimer.....




Freitag, 13. März 2009

"Geld macht nicht glücklich." Schöner Spruch, den unsereins, die ihren Kontostand noch mit Mathekenntnissen der 4. Klasse überblicken können, sich gegenseitig zuflüstert, wenn man leicht hilflos auf Stars, Sternchen oder Gleichaltrige, die sich grad nen Zweitwagen zulegen, blickt. Was soll man auch anderes sagen? Glauben tun's jedoch die wenigsten wirklich...

Nun wurde ich eines besseren belehrt. Danke, Bandenkrieg! Für alle uncoolen Nichtfacebookuser hier :) : Bandenkrieg ist ein Onlinespiel, das gemeinhin nicht zu Amokläufen führt, sondern es artigen Büro-und Bibliotheksmenschen erlaubt, in der Mittagspause oder abends vorm Zubettgehen mal kurz virtuell Panzerfäuste oder Handgranaten zu erwerben, Körperverletzung oder Autodiebstahl zu begehen und Leute für eine Weile ins Koma zu befördern. Also alles ganz harmlos. Wenn man Glück hat, sind die potentiellen Komakandidaten auch noch mit einem fett gefühlten Cyberportemonnaie unterwegs (was man aber nicht sieht, bevor man sie angreift), das man ihnen dann teilweise abknöpft und das man dann am besten sofort in den Kauf von Casinos, Hotels, Massagesalons und Internetcafés investiert, bevor man selbst niedergemetzelt und ausgeraubt wird.

Heute hatte ich großes Glück. Meine bisherige Höchstbeute von 100 Mio. Dollar (hier ist die amerikanische Finanzwelt noch in Ordnung) toppte ich um ein Megavielfaches - plötzlich war mein Kontostand auf 86.945.453.274.454.176 Dollar angeschwollen. Da hilft Grundschulmathe auch nimmer weiter. Erst hatte ich Panik, dass ich gleich selbst wieder ausgeraubt werde. Also sofort investieren. Ich kaufte und kaufte und kaufte. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr auf Casinos und Einkaufszentren. Meine Hand tat weh, und ich sah, dass die 86 vorne immer noch da war. Hallelujah, wieviel Geld war das eigentlich? Ich begann zu zählen - ja, ich tappte auf dem Flatscreen vor mir rum. Irgendwann ist nichts mehr peinlich. Dann erstmal bei Wikipedia auschecken: eine 1 mit 15 Nullen ist eine Billiarde. Puh, ich war demnach im Besitz von über 86 Billiarden Dollar. Also ich bin es immer noch. Und jede Stunde kommen 50 Mio. hinzu, weil ich ja jetzt so viele Casinos und Hotels besitze. Ich habe ein paar Minuten gewartet, aber irgendwie wollte mich keiner angreifen. Blöde Bandenkriegsgutmenschen. Die Panik weicht Melancholie. Was soll ich jetzt tun? Ich bin ehrlich verzweifelt. Das macht doch alles keinen Spaß mehr. Mein Handgelenk tut immer noch weh. Casinos find ich eigentlich blöd. Und ich will jetzt auch nicht ausrechnen, wie viele Hotels ich kaufen könnte, bis die 86 vorne verschwindet. Denn dann sinds ja immer noch 85 Billiarden.

Ich schaue auf den Kontoauszug meines realen Girokontos. 291 Euro im Soll, Stipendienauszahlung wegen technischen Fehlers verzögert. Kann das echte Leben schön sein...

Donnerstag, 12. März 2009

jetzt bist du erstochen worden, Ebru. In deiner Wohnung, über die Esmeray sich ihr Maul zerrissen hatte, damals, du hättest das Geld dazu, weil du junge Ladies für dich anschaffen ließest. M. hatte wegen ihrer Faszination für dich ihre Beziehung zu V. aufs Spiel gesetzt, weißt du noch, es hatte alles in dieser Dachwohnung in Kreuzberg angefangen, wo wir beiden miteinander Vodka tranken, während die anderen den Film schnitten. Es gibt noch ein Foto von uns aus dieser Zeit, ich war sehr dick und trug einen geschmacklosen Pullover, du hattest mich in deine gewaltigen Arme genommen und deine geflochtenen Zöpfe kitzelten auf meinem Gesicht. Vodka sei schlecht fürs Sexualleben, sagtest du, und du hattest recht. Heute hab ich draußen wieder zwei getrunken, bevor ich die Mail mit der Nachricht las. Du. Mit homophoben Schweinen konntest du doch umgehen, mit plötzlich ausrastenden Typen. Für dich war ein unverhofft gezogenes Messer nichts Besonderes. Fürchtest du auch, daß es diesmal das Klima war, die Islamisierung und Faschisierung, die deinem Mörder die Kraft gaben, dich so zu treffen? Oder warst du inzwischen gealtert, war dein spannender Rücken nicht mehr so muskulös wie früher? Es beschämt mich, so etwas überhaupt zu denken.
Letztens noch erzählt, wie du zu mir gekommen warst mit deinem Asylgesuch für die Schweiz, das einzige Land, das Anträge im Herkunftsland annahm. Inmitten all der erloschenen Typen hattest Du sogar was Herrisches an Dir. Wie sämtliche Anwälte und Anwältinnen aus unserer Kanzlei höflich bestimmt darauf hinwiesen, meine Arbeitszeit habe doch den politischen Gefangenen und Folteropfern zu gelten, also den ernsten Fällen, und überhaupt, das Volk sei noch nicht so weit, sowas zu akzeptieren. Nur die Köchin war freundlich zu dir, für sie war es gleich, wer was brauchte. Hauptsache Mensch. Dann kamst du ja nicht wieder, um die Frist zu wahren, warst zu sehr mit deiner Wohnung beschäftigt. Klar, wer will auch aus einer Stadt wie Istanbul wegziehen. Wo M. dich heimlich besuchte, sie hat mir die Fotos gezeigt von eurer Schiffsreise.
Sentimental, weiß ich nicht. Ach, war ich doch schon immer. Klar hast du recht, shit happens.


Edit? Vielleicht. Jedenfalls bist du es nicht gewesen, ich hatte letzte Nacht eine Mail bekommen, in der nur Dein Vorname erwähnt wurde. Jetzt weiß ich mehr: Die Ermordete heißt Dilan Pirinc, war achtundzwanzig und blond. Erleichtert? Schon, und auch dafür schäme ich mich. Über eine Lebende furchtbar Privates gebloggt zu haben, und eine Tote nun weniger zu betrauern, weil sie nicht die ist, also Du.
Oder bist doch Du schon wieder tot, jetzt wo ich ein anderes Gesicht gesehen hab, ist es doch die gleiche Tat. Immer wieder die gleiche.
Absurd, daß ein Autor des schwullesbischen Portals Kaos GL in einem Nachruf mit Dir, der toten Ebru, dieses Gedicht von Nazım Hikmet in Verbindung bringt,

Buyrun, oturun dostlar,
Hoş gelip sefalar getirdiniz.
...
Kimbilir nasıl yanmıştır canınız...
Ayakta durmayın, oturun,
Ben sizi ölmüş zannediyordum.
...
Yüzünüzde yıldızların aydınlığı
Hoş gelip sefalar getirdiniz...”

Kommt und setzt euch, Freunde,
ich freu mich, daß ihr da seid.

Wer weiß, was ihr erlitten habt
Setzt euch doch lieber
Ich dachte ohnehin, ihr seid tot.

Ihr habt ja Sternenglanz im Gesicht
Schön, daß ihr da seid.

(Nazım Hikmet: Über den Tod, eigene Übertragung)

Dienstag, 10. März 2009

                                                                  * 
        *                  °               *
                                                     +                                               + °
     *              +        * * ° + * °
*Ich tu mal so, als ob meine beste Freundin in mir wohnt. Natürlich könnte ich von dem Engelchen und dem Teufelchen auf *meinen beiden Schultern reden. Das ist niedlich, aber irgendwie schon fast zu niedlich.  Diddlmaushaft. Außerdem weiß ich grad nicht, was mir das ° Engelchen und was mir das Teufelchen raten würden. Was weiß denn ich, ob eher *das Engelchen  * oder eher das Teufelchen * +  Feministin bzw. devote Lady ist? +  * Beides macht auf seine verschrobene Weise Sinn. + *Also doch meine beste Freundin. Das heißt, ich und meine beste Freundin sind eins und doch verschieden. * Der Gott-Jesus-Vergleich wäre nun sicher   * +  überhöht. Aber nur, damit jedeR versteht, was ich meine! Jedenfalls findet meine beste Freundin, die ich* bin und eben doch nicht bin, dass ich das Beste verdient habe. Das Allerbeste. Du bist zu jung, cool, intelligent, schön, als dass du was Halbes akzeptieren müsstest. Sagt meine beste    +    *      Freundin in mir. Ich fasse gute Vorsätze - meine beste Freundin *  blickt streng auf mich: wirklich? Du tust doch nur so! Ertappt. Also nochmal! Diesmal die Latte ein bissel tiefer hängen. Nochmal ein Vorsatz. Aber jetzt! * Die beste Freundin guckt zufrieden: du meinst es also ernst? Und wie! ° Wie blöd bin ich denn, unnötige Schmerzen auf mich zu nehmen? Wozu? Ich kann keineN retten - ey, bin ich Jesus? Und Gott + * schon gar nicht! Wenn, dann bitte Göttin, flüstert da die Feministin in mir. Wer? Ich oder meine beste Freundin? Alles sehr kompliziert. Und doch ganz einfach. Ich und die beste Freundin gucken uns an. +  *Und hoffen, dass jedeR andereR auch eineN besteN FreundIn in sich findet. °  * Wer aber nicht, der/die soll im ewigen Höllenfeuer, weit weg von Jesus, Gott und all den anderen Freaks, schmoren - in der erstickenden Langeweile des farblosen Alltags. °   *  Da sind ich und die *beste Freundin uns einig. Chakaaaa bumm. Puff. Aus. Knall. Glitzer. Rummmmmmmmms. *  + ° *
+ * * + *
*                 *                                 °          + *
° ° + + °
  * + *

Wow! Ich auch!

http://www.youtube.com/watch?v=uHGnBQ5H-rs


Montag, 9. März 2009

Ich finde das super. Das ist Aufklärung, die echt mal die Massen erreicht. Bei Wer wird Millionär? diskutieren Günther Jauch und sein Kandidat über Verhütung. Erst dachte ich, ich hätte mich verhört, als Jauch sagte: "Ah, Sie haben also ein Vaginalmodell mitgebracht?" Als der Kandidat aber warnte: "Achtung, Sie brechen gleich die Eierstöcke ab!", realisierte ich, dass ich im privaten Bildungsfernsehen der besonderen Art gelandet war. Dann führten zarte Männerhände einen Verhütungsring in die Plastikskulptur ein - Großaufnahme. Damit auch alle aufgeklärt werden! Günther Jauch prüft und merkt an: "Ohne jetzt zu genau ins Detail gehen zu wollen: daran komm ich vorbei." Das Publikum johlt. Hohoho. Subtiler und doch dreckiger Humor zieht immer. Bestimmt zwinkern sich jetzt auf Sofas von Bottrop bis Passau Mama Doris und Papa Ulf verschwörerisch über die Köpfe des Nachwuchses zu. Der Jauch ist aber auch einer! Doch der Kandidat hat eine Mission. Er will aufklären und erläutert sachlich, dass das doch alles nicht mechanisch sei, sondern voller Hormone, die dann rausblubbern. Da der Jauch aber einer ist, möchte er das für Mama Doris und Papa Ulf nochmal versinnbildlichen: "Das ist dann wie das Zeug, was ich für zwei Wochen in meine Blumentöpfe reinstecke, wenn ich in Urlaub fahre?" Das Publikum johlt nochmal beim Wort 'reinstecken'. Jaja, der Jauch. Schlitzohr! Jauch legt nach: "Wenn nur Frauen so einfach zu handhaben wären wie Blumentöpfe!" Der Kandidat schenkt daraufhin Jauch die Plastikvagina - wenn er doch so viel Freude daran hat! Und Deutschland ist wieder ein Stück aufgeklärter. Danke, Günther Jauch! So macht Bildung Spaß. Deutschland braucht Sie!

Samstag, 7. März 2009

Von Kapitalismus und anderen Zwischenfällen

Jeder, der mich etwas besser kennt, weiß, dass mir jegliche romantische Gefühle gegenüber Kommunismus, Feminismus und co. stets abgegangen sind. Revolutionsromantik gleichwohl. Nach einem geflügelten Wort hat ein Mensch, der mit 18 kein Kommunist ist, kein Herz, ein Mensch, der mit 30 immer noch Kommunist ist, keinen Verstand. Auf diese Art von Herz und Verstand verzichte ich gerne, denn ich nähere mich dem Thema irgendwie von einer untypischen Weise. Ganz ohne Romantik - glaub ich zumindest. Und mit Verstand - hoff ich zumindest. 

Eigentlich wollte ich nur mal wieder an einem Seminar der Böll-Stiftung teilnehmen, wie es sich als Stipendiatin gehört. Ohne es zunächst zu realisieren, bin ich damit auf einem riesigen Kapitalismus-Kongress von Attac gelandet, der dieser Tage in Berlin stattfindet. Attacis gehörten für mich bisher - ganz herzlos - zu der Art Leuten, die ich gemeinhin unerträglich finde: linksalternative Querulanten, die aus Prinzip einfach mal dagegen sind. Meine Lieblingspartei, der ich nun auch schon 13 Jahre lang angehöre, hat von dieser Sorte Mensch zumindest an der Basis auch reichlich. Aber erstens haben Koalitionszwänge - oder sollte ich sagen: Machtwillen? - die letzten Jahre parteiintern ganz erstaunlichen Realitätssinn - oder sollte ich sagen: Idealverlust? - hervorgebracht. Zweitens sind diese Leute an der Basis der Grund dafür, warum ich von Bezirksgruppentreffen regelmäßig fliehe. Bei Attac hingegen vermutete ich wirkliche Chaoten, jedeR gegen jedeN, eine Kakophonie spinnerter Ideologien.

Samstag früh morgens an der TU. Hunderte Leute schlurfen schon durch die Uni, das unglaublich dicke Programmheft in der Hand. An jeder Säule klebt ein Plakat, von dem Marx mich streng anschaut oder sich mir rote Graffiti-Fäuste entgegenrecken - auch du, Genossin, bist gefragt! Oh nee, das klingt anstrengend. Und veganen Kuchen gibts. Alle Befürchtungen glaube ich bestätigt. Aber das Programm ist wirklich beeindruckend. Fast hundert Seminare, Workshops, Podiendiskussionen mit z.T. hochkarätigen Besetzungen, alles dabei, von Kapitalismus und Ökologie über Kapitalismus und die Ernährungskrise oder Alternativen zum Kapitalismus bis zu Medienkritik, Demokratiekonzepten, feministischer Kapitalismuskritik oder Einführungen in den Marxismus. 

Am allerbeeindruckendsten finde ich jedoch ganz einfach die Tatsache, dass an einem verregneten Samstag morgen Hunderte Menschen wirklich jeden Alters - und zwar von ca. 15 bis 80 Jahren total gleichmäßig verteilt - sich für einen ganzen Tag einfinden, um richtig ernsthaft über all diese Themen zu diskutieren. In den Kaffeepausen sieht man ein paar Jungs, die man sich eigentlich besser auf nem Skateboard vorstellen kann, über die Möglichkeiten und Grenzen eines radikalen Pazifismus diskutieren. Schicke junge Frauen informieren sich an einem Stand über kritischen Konsum und kaufen Broschüren. Ein Jüngling neben mir malt mit einem pinkfarbenen Textmarker in Naomi Kleins 'No Logo' eifrig rum. Dabei ist doch heute Samstag, und für einen Großteil der Leute dieser Altersgruppe ist vermutlich Deutschland sucht den Superstar das Highlight des Tages. Hier jedoch wird auf einem Podium diskutiert, wie Massenmedien - von Google über die Springerpresse bis zur Tagesschau - Realität produzieren statt darzustellen, Zusammenhänge verzerren statt zu erklären.
         
Wer mich kennt, weiß auch, dass ich ein recht ironisches Verhältnis zu jeder Art von Gutmenschentum pflege. Aber das hier, es beeindruckt. Wenn ich sehe, wie Frauen - und Männer!!! - mit viel Engagement und Spaß über das Verhältnis von Feminismus, Kapitalismus und Marxismus diskutieren, dann kriege ich ehrlich gesagt eine krasse Wut, dass so viele intelligente - oder sollte ich sagen: gebildete? - Frauen um mich rum glauben, ihr größtes Problem sei der richtige Push-Up-BH, die ideale Mascara oder ein Mann, den sie runtergehungert beglücken können. Die glauben, Feminismus betreffe sie nicht. Ich werde wütend auf Männer, die die Tatsache, dass sie ihre maskuline Identität nur über eine Vollzeitstelle definieren, nicht einmal bedenkenswert finden. (Hier entspinnt sich im Publikum jedoch unter einigen Männern eine Diskussion bzw. Selbsthilfegruppe, die rührend ist: einer nach dem anderen berichtet von dem Gefühl der Entwertung, die Arbeitsplatzverlust oder Renteneintritt für sie bedeutet haben, und der Erleichterung, darüber endlich einmal reden zu dürfen.) Ich bin genervt, dass einige gebildete Menschen in meinem Umfeld nicht einmal Willens sind, über all die Zusammenhänge nachzudenken - geschweige denn, irgendwas zu ändern. Konsumverhalten ändern oder Selbstbild zu ändern oder einfach nur mal drüber zu diskutieren. Ohne jetzt zu selbstgerecht rüberkommen zu wollen - oder zu behaupten, dass mich Tag und Nacht nichts anderes umtreiben würde: wie kann man all das ausblenden???? Gerade als Frau???? Aber eben auch zunehmend als Mann...(ist ja eh alles konstruiert :)....)

Auf dem Heimweg nehme ich das ZEIT-Magazin in die Hand. Titel: "Ein Heft über das Glück des Shoppings". Es ist offensichtlich nicht ironisch gemeint, stelle ich fest. Darüber kann ich grade nicht mal mehr müde lächeln. Fotos von hysterisch mit Einkaufstüten winkenden Frauen in lächerlich hohen High Heels. Wenigstens Harald Martensteins Kolumne enttäuscht mal wieder nicht. Zitat: "Arbeit ist Zwang. Diese kleine Wahrheit ist heutzutage tabu. Seitdem es Menschen gibt, haben die meisten von ihnen gearbeitet, um zu leben, nicht, um ihr Selbst zu verwirklichen. Die Verwandlung der Arbeit in eine für alle jederzeit angenehme Selbstverwirklichungstätigkeit ist Kern der kommunistischen Utopie. (...) Auf die Idee, dass abhängige Arbeit in einem ganz normalen Betrieb automatisch mit Selbstverwirklichung einhergeht, dass diese Arbeit besser fürs Selbstbewusstsein und fürs Ich ist als zum Beispiel Familie oder Kinder, auf diese Idee kann man nur kommen, wenn man gut ausgebildet ist und zur oberen Mittelschicht einer reichen Gesellschaft gehört." 

Ich frage mich auch, warum ich über all das hier erst jetzt anfange nachzudenken, ohne gleich wieder zu fliehen. Nicht mit 18, sondern mit 31. Vielleicht ist der Grund der, dass das hier keine Fragen des Herzens sind. Sondern des Verstands. 


Donnerstag, 5. März 2009

Es wäre doch schade, wenn ich diese Bilder nur mit anderen facebook-Usern teilen würde:

http://www.4ortho.de/vkbbild.htm

Irgendwann demnächst lasse ich mir endlich ein neues Kreuzband ins Knie reinoperieren, und nach anfänglichem Schock bin ich nun gruselfasziniert von dem, was bald in meinem linken Knie passieren wird. Ey, schaut euch diese Sehne an, dieses dicke weiße Teil, das sie erst irgendwo anders aus meinem Körper rausschneiden werden! Die falten sie dann ein viermal, bevor sie sie in mein Knie reinzuseln  und mit einer Bioschraube fixieren, die sich dann mit der Zeit auflösen wird. Ist das nicht irre?? Ich habe Ehrfurcht vor der Schulmedizin. Und bin froh, dass ich was studiert habe, wofür ich keine Skalpelle brauche...


Schon wieder. Egal, an welchem Wochentag in welchem Monat zu welcher Uhrzeit ich von Kreuzberg aus mit dem Rad nach Hause fahre: immer immer immer ist da ein Auto. Nicht irgendein Auto irgendwo. Im Gegenteil. Tagsüber wundere ich mich ja gar nicht. Da fahren viele Autos rum, wir sind ja in Berlin, Hauptstadt und Metropole und so. Autos gehören da dazu, klar. Aber nachts wird Berlin in vielen Teilen zum Dorf. Man kann eine halbe Stunde fahren und nur gefühlte fünf Autos sehen. Die Bergmannstraße ist nachts, zumal an Wochentagen, eh tot. Der Prenzlauer Berg Kreuzbergs: alle Kleinkinder im Holzbett, die Journalisteneltern sind überm Bioweißwein eingenickt, die Volvos und Minicooper parken in Reih und Glied. Keine fahrenden Autos in Sicht. Am Mehringdamm dann manchmal der Kick, vor genervten Taxifahrern grade noch über die Kreuzung zu heizen. Dann wieder Ruhe. Im Winter hört man nicht einmal die Bongos ausm Viktoriapark. Und dann ist da ein Auto. Denn da ist IMMER ein Auto. Immer. Wirklich immer. Sobald ich mich der Ecke nähere, muss ich ein wenig langsamer fahren. Denn es wird da sein. So sicher, wie auf den Tag die Nacht folgt. Ein Auto brettert von rechts ziemlich schnell ran. Aus der Möckernstraße. Wie immer. Und zwar genau, haargenau, dann, als ich auf der Höhe der Straßenecke bin. Dabei ist die Straße doch echt klein und unbedeutend. Ich bremse ab. Der Autofahrer bremst ab. Ich frage mich, ob der Autofahrer auch denkt: da ist immer ein Radfahrer. Immer. Wirklich immer.  Es ist Mittwoch nacht, 1.45 Uhr. Und wir starren uns kurz an. Als ob in der Möckernstraße Autos  in einer Schlange stehen und darauf harren loszuschießen, sobald ich angefahren komme. Ist der Fahrer ein Protagonist in meinem Leben? Eine Figur, die austauschbar ist? Nur eine Variable? Oder bin ich nur eine Spielfigur für sein Leben? Der Radfahrer, der immer da ist? Ich lebe in einer Parallelwelt, von der meine Freunde nichts ahnen. Der Welt derjenigen, die sich nachts an der Ecke Kreuzbergstr./Möckernstr. begegnen. Es gibt Schlimmeres.

Dienstag, 3. März 2009

Wo ist Fridolin Lützelschwab?

Wenn man an einem öffentlichen Computer sitzt, passieren mitunter seltsame Dinge, die die Phantasie anregen. Eben, in der Bibliothek, haben meine Vorgänger sich nicht richtig ausgeloggt. Also wurde ich, als ich die facebook-Seite öffnete, erst einmal als 'olemad' aus Norwegen identifiziert. Hm. Ole Madsen vielleicht? Klingt sehr norwegisch für meinen Geschmack. Schon sehe ich Fjorde vor mir, Fischkutter, bunte Häuser, hochgewachsene blonde Wikingerjungs - ich drehe mich um, ob ich ihn irgendwo um mich rum noch entdecke. Kein Wikinger in Sicht. Schade. Dafür sehr norwegisches Wetter draußen am Potsdamer Platz.
Kurz darauf möchte ich per copy-paste einen Link in einer Email verschicken. Anscheinend funktioniert das an diesen Windowsmaschinen jedoch anders als an meinem Mac. Als ich die Linkadresse nämlich einfügen möchte, erscheint dort plötzlich 'Fridolin Lützelschwab'. An Arbeiten ist nun nicht mehr zu denken. Wer um Himmels Willen ist wohl Fridolin Lützelschwab? Wer, um Himmels Willen, HEISST Fridolin Lützelschwab? Wie kommt er auf meinen Bildschirm? Woher? Warum? Wollte ich ein Buch schreiben: ab heute MÜSSTE meine Hauptfigur einfach Fridolin Lützelschwab heißen. Hinter Fridolin Lützelschwab kann ich nun nicht mehr zurück. Ich drehe mich um. Wer von euch kennt Fridolin Lützelschwab? Einer hier drinnen muss es ja sein. Tut doch nicht so!!!
kızın hatt-ı hümayunu var, sagte sie: Diese Frau habe Körperlinien wie die Schrift in einem Erlass des osmanischen Sultans.

Montag, 2. März 2009



Irgendwie, ich weiß ja auch nicht, irgendwie find ich die gruslig. Nachts, wenns dunkel ist, hoppeln die sicher alle los und zerhacken süße kleine Kindergesichter mit ihren spitzen Zähnchen. Tausend kleine Monster ausm 'Schlaflied' der Ärzte. Gefüllt mit den Eingeweiden kleiner Charlottes und blondgelockter Noahs. Ostern kann so grausam sein.



Vor solcher Sprachakrobatik verneige ich mich. Hölle und Gülle in einem wunderschönen Kompositum vereint. Mehrdeutigkeit mit absoluter Sinnhaftigkeit. Polysemie heißt das auf intellektuell. Aber ich glaube, das hier ist doch eher Kunst.