Donnerstag, 9. Oktober 2008

Dunstig blauer TeenAger

Offiziell bin ich irgendwas zwischen Nicht-und Gelegenheitsraucherin. Eher Nichtraucherin. Bisher jedenfalls. Das jedoch mehr gefühlsmäßig denn irgendwie an der Realität gemessen, zumindest wenn man das alles quantitativ erfassen möchte. Wir leben in einer Statistikkultur, wo alles gemessen und erfasst werden kann. und rein statistisch rauche ich in den letzten Wochen mindestens 20 Zigaretten mehr pro Woche als der durchschnittliche Nichtraucher. Selbst in Anbetracht von Volatilitätsspannen ist das bemerkenswert, und gerade in Anbetracht der momentanen Finanzkrise sind solche streng ökonomischen Parameter sowieso in Verruf geraten. Also zurück zum Gefühl: demnach switche ich gerade ins Lager der Raucher. Ausgerechnet jetzt, wo im Zuge der Amerikanisierung und Hygienisierug der Körper-und Öffentlichkeitskultur das Rauchen irgendwo zwischen psychologischem Defekt (Willensschwäche!), Krankheitsbild (Sucht!) und pädagogischen Pathologisierungen (Gruppenzwang! die Medien!) changiert. Hmmmmm.  Früher fand ich diesen Rauchenistcool-Kult immer ziemlich infantil. Die Raucher aufm Schulhof, in der Eislaufdisco, im Schullandheim, die Supercoolen, ihr Selbstbewusstsein aus einer 4DM-Packung+Streichholz ziehend. Armselig. Das Genervtsein, wenn sich wieder eine Party trotz Nieselregen und vollem Buffet im Wohnzimmer auf einen Balkon verlegt hat, den place to be einer jeden coolen (!) Fete (voll das 80er-Wort übrigens). Wenn sich alle in einem Café mangels anderer Gesprächsthemen über die tolle Luft freuen (geht joggen, mein Gott....). Jetzt ist alles anders. Rauchen wird widerständisch (ein ncoh alberneres Wort). Parties werden - neben Gebärerfahrungen - mit dem Thema bestritten, dass es doch soooo toll sei, dass die Kleidung nun nimmer nach Rauch stinke, wenn man nachts heimkomme. Unerotisch. Erotik ist nämlich oft unvernünftig, und eine 'Zigarette danach' ist dies im höchsten Maße, aber: wenn man schon raucht, 'dann nur in der Küche, also echt', wenn es nach der sehr moralisierten, aber eben höchst unerotischen Öffentlichkeit geht. Langsam bekomme ich Spaß am Rauchen. An der Pose. Der Symbolik. Unglaublich eigentlich, dass man echt nur noch eine Paareuropackung Nikotin braucht, um Leute dazu zu bringen, einem eine Grundsatzdiskussion reinzudrücken. Am schönsten dann, wenn man nicht mehr vor den schwangeren Frauen oder Kindern rauchen soll. Da werden ehemalige Punks zu Biopredigern....Ich finde es wunderbar, ausgerechnet jetzt, die 30 knapp überschritten, endlich zum richtigen TeenAger zu werden: Rauchen, weil es anders ist, weil es nervt, weil man das eigentlich nimmer tut. Danke, liebe Umwelt, dass ihr mir die Rebellion so einfach und so billig macht.

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