Sonntag, 8. Februar 2009

Filme aus dem 'Orient' haben gerne botanisch-kulinarische Titel.  Zitronen, Kirschen, Zimt und Koriander regen die mitteleuropäische Phantasie an und sind damit die politisch korrekten Ersatzsymbole für Harem, Schleier, Kamel und Turbane. Nun also 'Granatäpfel und Myrrhe'. Der Moderator von der Ebert-Stiftung gibt eine unerträgliche Einführung. In schönstem VHS-Englisch erklärt er tausendundeinenachtgleich die Symbolik des Titels, redet vom Himmelssamen im Granatapfel und der die Bitternis des Lebens symbolisierenden Myrrhe. Hach ja. Das Publikum ist entzückt, ergriffen, bewegt. Orient macht glücklich. Kurz noch den Frieden streifen, den sich doch alle so sehr wünschen. Nochmal hach ja. Alles sehr tiefgründig. Der Film hat schöne Bilder, keine Frage. Auch viel Botanik. Olivenbäume, viel Essen, Blüten, Musik. So friedlich und schön ist der Orient. Kein Kopftuch stört das Bild. Alles Christen. Denn die mögen die Israelis (oder sollte ich Juden schreiben?) genauso wenig wie Muslime, so die Botschaft. Israelis in dem Film haben - bis auf eine Anwältin - grundsätzlich Uniformen an, sind männlich und werden mit Vorliebe hinter Maschinengewehren gezeigt. Sie brüllen nonstop, und oft sieht man nur die schweren Stiefel. Die palästinensischen Frauen hingegen haben alle beeindruckende schwarzgelockte Mähnen, recht tiefe Dekolletés, rauchen und tanzen. Feminin, sinnlich, leidenschaftlich. Nicht wie die maskulinen, harten, gefühllosen Israelis. 
Nach dem Film die obligatorische Diskussion. Die Produzentin des Films ist da, eine junge Palästinenserin, an deren Lippen das entrückte Publikum hängt. Es wird von der Menschlichkeit des palästinensischen Volkes geredet, nochmal ein Rekurs auf die Himmelssamen und die bittere Myrrhe, auf Frieden und Besatzung, den die Palästinenser alle wollen, die andere Seite ja leider nicht. Eine einzige kritische Frage aus dem Publikum, Bezug nehmend auf Hamas und co., wird vom Moderator abgewürgt: keine Politik bitte. Häh??? Der Rentner, der nochmal ausführlichst auf das 'Besatzungsregime' eingeht, bekommt tosenden Applaus. Co-Diskussantin ist, da Matthias Platzeck krank wurde, die Familienministerin von Schleswig-Holstein, die es schafft, eine Platitüde nach der anderen von sich zu geben, permanent die Produzentin zu umarmen und von 'Freiheit' und 'Würde' zu sprechen. Politik ist so einfach. Stop, wir reden ja nicht über Politik, ich vergaß.  Dafür über die deutschen Medien, die alle nie zeigen würden, dass Palästinenser Menschen sind. Ich denke kurz daran, dass selbst die ZEIT mehrere Wochen das Kriegstagebuch einer Mutter aus Gaza abdruckte, wo Palästinenser alle unschuldige kleine Kinder sind, die doch nur an die frische Luft zum Spielen wollen. Israelis sitzen in den Panzern, die das so schwierig machen. Oder eben doch Juden? Weil die Christen und Muslime wollen ja alle Frieden. Bis der kommt, singen sie, tanzen, heiraten und essen sie. Zimt, Koriander, Myrrhe und Granatäpfel. Nur die Kamele fehlen. Schade. Ich mag Kamele. Sie sind so 'anders'.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Andersrum ist es ja genauso einseitig. Die ganze Welt ist gegen uns und wir können ja nicht anders. Recht haben se beide.

LaMadame hat gesagt…

Oder, wie Amos Oz so schön sagte, 'Unrecht haben sie beide'. Wobei ich mir einen Film im Stile 'Waltz with Bashir' momentan auf arabischer Seite nicht vorstellen kann...